Freitag, 24. September 2010

Bertrand Russels Vision vom totalitären Weltstaat

Durch den Forscher Alan Watt und eine seine Radiosendungen, die als Film auf Youtube hochgeladen wurden, bin auf das Buch: "Das Naturwissenschaftliche Zeitalter" von Bertrand Russel gestoßen. Was hier von Alan Watt geschildert ist so unglaublich, dass ich mir das Buch besorgte. Russel wird ja ansonsten als großer Philosoph gerühmt und sein Buch "Philosophie des Abendlandes" ist ein Dauerbrenner in den üblichen Buchgeschäften. Das Buch: "Das Naturwissenschaftliche Zeitalter" offenbart uns jedoch, welche Sicht der Dinge Russel wirklich vertrat. Es sollte eigentlich viel bekannter sein - denn dann würde sich die derzeitige Anbetung und Bewunderung, die er genießt, wohl relativieren.

Vor allen im letzten Kapitel des "Naturwissenschaftlichen Zeitalters" offenbaren sich seine bizarren Zukunftsvisionen. Aber auch vorher schon wird im Verlauf der Lektüre des Buches immer deutlicher seine Weltsicht erkennbar. So schlägt er doch im Kapitel "Die Technik in der Physiologie" tatsächlich vor, zur "Verbesserung des Bestandes an Menschen" mit Embryonen zu experimentieren, und beispielswiese die Wirkung der Röntgenstrahlen auszuprobieren. Er erhofft sich hiervon eine wohltätige Wirkung auf den Embryo und dessen Chromosomen, auch um den Preis, dass die ersten Experimente zur Geburt von Idioten und Missgeburten führen würden. Es erübrigt sich wohl, darüber nachzudenken, wessen Embryonen er sich als Testobjekte vorstellte. Ich könnte mir vorstellen, dass für die ersten Versuche bestimmt nicht der Nachwuchs der High Society Großbritanniens, der er selbst angehörte, vorgesehen war...

Weiter geht es im Kapitel "Technik im sozialen Leben" damit, dass er die Erziehung als "Methode öffentlicher Propaganda" einstuft. Auch die Presse ist für ihn "Mittel zur Uniformierung" - ein seiner Meinung nach begrüßenswertes Ergebnis technischer und finanzieller Ursachen. Das Radio (ob Hitler wohl auch Bertrand Russel gelesen hatte?) und vor allen Dingen das Kino sieht er als ein wichtiges Propagandamittel, die Produzenten von Hollywood sind für ihn "die Hohepriester einer neuen Religion"(S. 169), die lehren, dass Verbrechen immer bestraft und Tugend immer belohnt werden würde. Er stellt also fest, dass das Kino eine wichtige Rolle dabei spielt, den Reichen vor dem Neid der Armen zu schützen...

Natürlich hat er in vielem gar nicht Unrecht, z.B. auch darin, dass "die Schäden des status quo nur denen zur Kenntnis gelangen, die bereit sind, ihre Mußestunden mit anderen Dingen als mit Unterhaltungen zu verbringen" (der Satz könnte glatt von mir selbst stammen...). Allerdings sehe ich hier ein Problem, während Russel sich darüber sorgt, dass das (Unterhaltungs)System unter einem Mangel an Stabilität leide und im Falle eines Zusammenbrechens "die Bevölkerung durch Langeweile zu ernstem Nachdenken getrieben" werden könne...

Richtig zu Sache kommt Russel im 3. und letzten Teil des Buches, das die Überschrift "Die wissenschaftliche Gesellschaft" trägt. Am Beispiel Sowjet-Russlands macht er deutlich, unter welchen Rahmenbedingungen eine solche Gesellschaft funktionieren würde: Zentrale Planung des Staates,ein gut funktionierendes und schnelles Informationssystem (Telegraphen), Kontrolle der Bevölkerung durch Propanda und "moderne Methoden der Kriegsführung (...Flugzeuge und Atombomben...) in seinem Kampf gegen unzufriedene Elemente" . Deshalb empfiehlt er, der Staat möge sich die Unterstützung von Piloten und Chemikern sichern, indem er diese beiden Klassen begünstigt. "Wie das Beispiel Russlands zeigt, ist es heutzutage energischen und intelligenten Männern möglich, sobald sie sich einmal der Verwaltungsmaschine bemächtigt haben, auch an der Macht zu bleiben, selbst wenn sie zunächst die Mehrheit des Volkes gegen sich hatten..." so schwärmt er.

Wie das Leben in solch einem "Weltstaat" wohl aussehen wird, erfährt man im Kapitel: "Individuum und Gemeinschaft". Er findet, die Fortpflanzung sollte unter Lenkung des Staates gestellt werden, um die Quantität der Bevölkerung ebenso wie die Qualität zu regeln, entweder durch Zwangssterilisation von 95% der Männer und 75% der Frauen, oder Tötung von Nachwuchs, der über einer gewissen Quote liegt. Die Kinder sollten nicht bei ihren Müttern bleiben, sondern am besten den ganzen Tag in einer staatliche Einrichtung verbringen, um dort erzogen zu werden, und Väter hätten mit ihrem Nachwuchs gleich gar nichts zu schaffen.

In der zukünftigen Zwei-Klassen-Gesellschaft!, so schreibt er weiter, wird die Erziehung der Kinder je nach Status erfolgen. "Gewöhnlichen" Kindern soll der Seblstständigkeitsdrang aberzogen werden, sie sollen lernen genau das zu tun, was man ihnen sagt.
Es klingt nach einem wahren Kastensystem, wenn er schreibt, dass man die Kinder der herrschenden Klasse ".. sorfältig vor der Berührung mit den Unwissenden bewahren" wird. Diesen sollen von Kindheit an wissenschaftliche Erkenntnisse eingetrichtert werden. Das letzte Stadium der Erziehung soll dann die Ausbildung zu wissenschaftlicher Forschungsarbeit sein, ein großer Teil der wissenschaftlichen Erkenntnisse wird jedoch einer "...Priesterkaste von Forschern..." vorbehalten bleiben.

Klassenschranken werden nur durchbrochen werden können, wenn ein intelligenter junger Mensch vorbehaltlos bereit ist, sich den Herrschenden anzuschließen. Sollte er noch Loyalität mit seinen ehemaligen Kameraden zeigen, wird man "ihn in die Todeskammer (...) schaffen, bevor seine irregeleitete Intelligenz Zeit dazu findet, revolutionäre Ideen zu verbreiten". Der Forscher Alan Watt meint hierzu, dies würde schon seit Jahrtausenden so praktiziert werden. Gut möglich und vielleicht auch der Grund dafür, dass bei sämtlichen geschichtlichen Ereignissen, sogar bei 'Revolutionen' immer Angehörige der gehobenen Gesellschaft eine führende Rolle spielten, so wie zum Beispiel bei der Französichen Revolution.

Und vielleicht würde unsere Welt ganz anders aussehen, wenn nicht diejenigen, die tatsächlich die Interessen des Volkes vertreten hätten, in die "Todeskammer" geschafft worden wären. Vielleicht gab es sie ja auch nie, aber wenn es sie gegeben hätte, dann wären sie in der offiziellen Geschichtschreibung, die von Angestellten der herrschenden Klasse betrieben wurde, wohl auch nicht erwähnt worden. Wir erleben etwas ähnliches derzeit am Beispiel der beiden Hitler-Attentäter: Während Graf Herzog von und Zu (Stauffenberg) gefeiert und überall erwähnt, ja sogar mittels eines Hollywood-Filmes gewürdigt wird, ist es schwierig, das Andenken an den Schreiner Georg Elser zu bewahren.

Wenn das alles sehr nach Huxleys "Schöner neuer Welt" klingt, so ist das sicherlich keine Zufall. Sowohl Russel als Huxley waren Mitglieder der gehobenen Gesellschaftsschichten Großbritanniens und Mitglieder der Organisation "Fabian Society" - ebenso wie George Orwell übrigens. Während man Orwells 'Vision' aber noch als Warnung auffassen könnte, so ist das bei Huxley und Russel keineswegs der Fall. Beide waren Befürworter dieser "Neuen Welt", die man als totalitären Weltstaat bezeichnen könnte. Und wir marschieren, so meine ich, jeden Tag mit einem sich beschleunigenden Tempo auf diese Welt zu. Und vielleicht wird man tatsächlich, wie Russel meint, durch "...Injektionen, Drogen und Chemikalien eine ganze Bevökerung so weit bringen, dass sie ales erträgt, was ihren wissenschaftlichen Herren für ihr Heil notwendig dünkt".
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