Samstag, 7. November 2009

Kein schöner Land? - Deutschland vor der Wirtschaftskrise

Es sieht gar nicht gut aus für uns - nachdem Deutschland seit Jahrzehnten Lohndumping bis zum Exzess betrieben, sich auf den Export konzentriert und somit stark von ausländischer Nachfrage abhängig gemacht hat, ist zu befürchten, dass mit dem Wegfall der Arbeitsplätze in der Automobil-Industrie eine Spirale nach unten in die Depression einsetzen wird. Wie das wohlgenau aussehen wird,weiß niemand so recht. Ich persönlich hege die schlimmsten Befürchtungen, denn zusätzlich zu dem Wegfall der Arbeitsplätze haften wir ja auch noch für die Zinslasten aus dem 500 Milliarden-Banken-Rettungspaket, die in den kommenden Jahren meines Erachtens für eine Deflation sorgen wird, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellen wird.

Schon die rechnerische Logik sagt einem, dass es wohl bald nur noch sehr wenig Bares geben wird - unser Geldsystem ist ohnehin auf Kredit mit Verschuldungszwang ausgelegt. Das bedeutet, dass Deutschland, aber auch jede andere Nation dieser Welt, von dem Wohlwollen der Banken abhängig ist, denn je größer das Wohlwollen, desto niedriger die Zinsen. Ob nun die Kreditwürdigkeit Deutschlands durch verrottende öffentliche Einrichtungen und dem Niedergang der Bildung kreditwürdiger wird, sei mal dahingestellt. Allerdings kann man es dem Bankensektor ohnehin nicht recht machen, hatte doch die amerikanische Ratingagentur Standard&Poor's im Jahr 2005 angekündigt, die Bewertung AAA für Deutschland, also die beste Bewertung die ein Schuldner bekommen kann, und die als Grundlage für die Berechnung der Zinsen dient, herabzustufen, sollte das neue Regierungsprogramm dem Bankensektor nicht genehm sein (nachzulesen in Dirk Müllers "Crashkurs"). Wer beurteilen will, wie zuverlässig die Aussagen über die Kreditwürdigkeit von Schuldnern sind, möge sich in Erinnerung rufen, dass Tonnen von faulen Krediten ebenfalls mit AAA bewertet wurden. Und für die Schulden aus der Spekulation mit diesen Finanz"produkten" haften wir ja jetzt, mit entsprechender Deflationsgefahr - siehe oben.

Diese Zusammenhänge sollten Herrn Sarrazin, der jetzt im Vorstand der Bundesbank sitzt, wohl bekannt sein - obwohl man das natürlich nie genau wissen kann... Immerhin war er vor seiner Tätigkeit als Berliner Finanzsenator von 1975 - 78 als Referent für das Finanzministerium beim IWF tätig. Der IWF ist geradezu ein Paradebeispiel für die Ausbeutung der Welt von Seiten der Banken - nach dem Ölpreisschock Anfang der 70er Jahre, wurde ein Land nach dem anderen mit billigen Kreditenin die Schuldenfalle gelockt, und obwohl die "Dritte Welt" wie verrückt ihre Rohstoffe und billigen Produkte in die "hochentwicklelten" Länder, wie zum Beispiel unseres exportieren, steigt ihre Verschuldung so rasant an, dass die Entwicklungshilfen häufig direkt auf den Konten der Schuldnerbanken landen, damit die Zinsen "bedient" werden können.

Noch mehr Erfahrung durfte Herr Sarrazin dann von 1990 - 91 bei der Treuhand sammeln. Ich erinnere mich dunkel an die damalige Zeit - ein Skandal über verschwundene Gelder und viel zu billig verscherbelte Ostfirmen und Banken jagte damals den anderen.
Als späterer Finanzmininster in Berlin machte er aber nicht nur durch blöde Bemerkungen und seiner "Sarrazin-Diät" von sich reden. Viel zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit findet die 2004 gegen ihn erhobene Anklage wegen der Tempodrom-Affäre, bei der ihm vorgeworfen wurde Landesgelder regelwidrig vegeben zu haben. Seit August 2009 ermittelt die Berliner Staatansanwaltschaft wegen Untreue, da er sich bei der Verpachtung eines Golfplatzes finanziell begünstigt haben soll.

Trotzdem macht er unbeschwert weiter Karriere, mittlerweile ist er im Vorstand der Bundesbank angekommen. Als Finanzprofi dürfte auch er wohl mit einem rapiden wirtschaftlichen Verfall in Deutschland rechnen, und vor diesem Hintergrund halte ich seine Äußerungen bezüglich Hartz IV -Empfänger und Ausländer mit Sicherheit nicht für Zufall oder gar für einen Ausrutscher, sondern vermute eher, dass er jetzt schon mal Stimmung gegen vermeintliche Sündenböcke machen will. Wenn die Wirtschaft erst so richtig ins Rutschen kommt, dann wird es wahrscheinlich diese Menschen zuerst so richtig hart treffen, und dank Herrn Sarrazin werden viele "wissen": diejenigen, die als erstes von völliger Mittellosigkeit Betroffenen sein werden, sind eben "selbst schuld"....Ein Trick, der so billig ist, dass es mir fast schon peinlich ist, darauf anscheinend näher eingehen zu müssen.

Denn leider fallen mal wieder viel zu viele drauf rein. Das reicht von der gut situierten, höheren Mittelschicht, die noch nie von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen war, die stolz den wahrscheinlich mittels Kinderarbeit und unter unwürdigsten Bedingungen hergestellten Teppich an der Wand präsentiert: "...die Königin von England hat nämlich genau denselben..." und die immer noch glaubt, man müsse "nur wollen" - das mag in diesem Fall zwar nicht wirklich verzeihlich (man sollte sich schon mal mit den wirtschaftlichen Hintergründen der explodierenden Armut beschäftigen, auch wenn man selbst nicht davon betroffen ist), aber noch eher verständlich sein - bis hin zu denjenigen, die sich selbst als kritisch, oder als "Infokrieger" bezeichnet - und wenn so eine Webseite, deren Betreiber sehr gut über das Internationale Banken-(un)-Wesen und deren Folgen - also Armut, Krieg, Überwachungsstaat usw. Bescheid wissen,noch beschwichtigende Artikel über Herrn Sarrazins Aussetzer unkommentiert auf die Hauptseite hochladen, da wird es dann aber schon wirklich kritisch...

Überhaupt vermute ich langsam, dass die ganze Kritik an unserem derzeitigen herrschenden System der geistigen Haltung: "Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich" entspringt - ginge es den Deutschen gut, und kämen sie in den Genuss ihrer Bürgerrechte, dann könnte anscheinend von den Betreibern der Infokrieg- Seite auch Not und Elend auf der Welt herrschen - solange man selbst gerade nicht betroffen ist, macht man sich da gar keinen Kopf. Da wird Ron Paul zitiert, der in Bezug auf die USA gesagt haben soll, man könne nicht alle Welt in die USA lassen, man müsse sich erst einmal um die Probleme im eigenen Land kümmmern und dann um den Rest der Welt. Dass mag auf Stammtischebene erst einmal einsichtig klingen, doch wer sich mit Welt-Wirtschaft befasst, wird feststellen müssen, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten der einzelnen Länder derart ineinander verflochten sind, dass es gar nicht möglich ist, nur ein Land isoliert vom Rest der Welt zu betrachten. Falls Ron Paul das wirklich gesagt haben soll, dann muss ich annehmen, dass es sich tatsächlich, wie von Blogger freeman.tv vermutet, um einen Vertreter der kontrollierten Opposition handelt.

Wir sehen doch gerade an der Weltwirtschaftskrise, die nahezu alle Länder der Erde betrifft, was das für ein Unsinn ist. Jede Entscheidung eines Landes, sei sie nun wirtschaftlicher oder politischer Natur, hat Auswirkungen auf die politische und wirtschaftliche Situation in anderen Ländern.
Die 3.Welt liefert uns Rohstoffe und Produkte in Massen und praktisch zum Nulltarif, während die Schuldenlast dieser Länder gleichzeitig explodiert und auch wenn der Löwenanteil des Profits auf den Konten der Banken, bzw. deren Hauptaktionäre landet, kann von einem wirklich fairen Austausch überhaupt keine Rede sein: das Gegenteil ist der Fall und somit ist doch wohl hoffentlich nachvollziehbar, warum so viele Menschen versuchen, in ein Land wie beispielsweise Deutschland zu kommen, das ihnen vermeintlich eine bessere Zukunft bieten kann. Daher ist genau das Gegenteil dieser geradezu nationalistischen Denkweise richtig: Man muss die internationalen Wirtschaftsprobleme in den Griff bekommen, und erst dann werden sich auch die restlichen Probleme lösen lassen. Ob nun die das informelle "Global Governance" der G20 -Länder, die indirekt von den internationalen Banken regiert werden, das richtige Organ sind, mag allerdings zu Recht bezweifelt werden.

Jetzt hat anscheinend unter den wohlwollenden Augen der Infokrieg Betreiber einer der Nutzer im Anhang an die Debatte über die widerlichen Äußerungen des Herrn Sarrazin eine Petition an den Bundestag gestellt, "damit die Diskussion auch Egebnisse bringt" und die Zuwanderung sich am "wirtschaftlichen Vorteil der Bundesrepublik Deutschalnd und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme" orientiert... Da kann man sich doch wirklich nur noch an den Kopf fassen...Außer Autos, Waffen und Finanz"produkten" wird in Deutschland und auch in den restlichen Ländern der 1. Welt fast nichts mehr produziert - achja, da wären noch Obst und Gemüse... Vielmehr bereichern "wir" uns am "Rest der Welt", der über 3/4 der Weltbevölkerung umfasst und der zunehmend in hoffnungslosem Elend versinkt, deren Kinder beispielsweise beim Tantal-Abbau (ein Metall, das für die Produktion von Handies der hiesigen Teenis gebraucht wird) draufgehen.

Das sind die Probleme, denen wir uns widmen müssen, damit es für ALLE, einschließlich uns Deutschen, noch eine lebenswerte Zukunft geben soll.
Ich könnte natürlich direkt etwas dazu schreiben, aber trotz der guten Informationen, die die Webseite und auch das Forum bieten, möchte ich einfach nichts mehr damit zu tun haben - wer Artikel der Rechts-Postille "Junge Freiheit" unkommentiert hochlädt, wohlwollend Werbung für Herrn Sarrazin und Herrn Ulfkotte macht, braucht sich nicht wundern, wenn solche Nutzer sich wohl fühlen auf der Seite -ich tue es nicht mehr, und habe daher auch die Links von meiner Seite gelöscht.
Und es ist mehr als ärgerlich, es ist regelrecht gefährlich, sich in Zeiten wie diesen auf derartige Diskussionen einzulassen...

...der Himmel ist grau, der Winter steht bevor - es ist noch kein Schnee gefallen, doch Deutschland zeigt sich schon wieder von seiner hässlichsten Seite....