Sonntag, 2. August 2009

Persönlichkeitsrechte

"Was, du filmst bei Demonstrationen und lädst das dann auf YouTube hoch????"

Das blanke Entsetzen steht meinen Gesprächsteilnehmern förmlich ins Gesicht geschrieben. "Schließlich hat ja jeder ein Recht auf sein Bild!" tönt es mir empört entgegen.

Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, ich hätte durchaus hehre Absichten gehabt, nämlich Meinungsäußerungen, die von den Medien gerne mal unter den Tisch fallen gelassen werden, eine Stimme und einen Raum zu geben. Naja, das fand keine Beachtung. Ich versichere meinen Gesprächspartnern, dass ich natürlich die Stellen, bei denen jemand deutlich erkennbar zu sehen ist, aus meinen Aufnahmen herausschnitten habe. Die herausgeschnittenen Stellen ohne Bild hatte ich mit Bildern versehen,die ich im Internet gefunden habe, und mit Titeln, die die wichtigsten Punkte der Rede wiedergaben. Man ist immer noch skeptisch. "Ja, und der Redner!!! Der hat schließlich auch ein Recht auf sein Bild. Den kannst du doch nicht einfach so ins Internet stellen!" Au weia. Den habe ich ja Gott sei Dank gar nicht gefilmt, der war nämlich viel zu weit weg, Gott sei Dank - so gut ist die Billigkamera, die ich erst unlängst als Schnäppchen erstanden habe nun auch nicht.

Ich verstehe ja, wie so oft, schon wieder die Welt nicht mehr. Die Tatsache, dass es so freundliche Zeitgenossen gibt, die ihre "Freunde" im Vollrausch frontal filmen, den Clip oder Fotos samt vollen Namen ins Internet laden, wo sie dann, bestimmt zum zukünftigen beruflichen Vorteil ganz einfach durch Eingabe des Namens von potentiellen Arbeitgebern herausgefunden werden könnten, hatte nicht mal halb so viel Empörung hervorgerufen.

Immer mehr Überwachungskameras bestimmen den öffentlichen Raum, auf Demos filmt die Polizei die Demonstranten mal mehr, mal weniger unverholen. Im Gegensatz zu mir wird die aber allzu deutliche Aufnahmen ganz bestimmt nicht rausschneiden - im Gegenteil - da wird wahrscheinlich ganz nah rangeholt, gespeichert, mit biometrischen Bildern abgeglichen (die Technik schreitet ja stetig voran), samt Namen und persönlicher Daten einschließlich gesundheitlicher Informationen. Das wird dann in Zukunft mit der US-Diktatur, die auf der ganzen Welt Foltergefängnisse unterhält und sich fortschrittlicher "Verhörmethoden" wie beispielsweise Vergewaltigung von Kindern vor den Augen ihrer Mütter, rühmen kann, ausgetauscht. Aber wen stört das schon. Da kann man doch eh nichts machen, das ist eben so.

Und überhaupt, diese Demos. Heutzutage hält man sich da raus, dass soll ma die andern machen, für Frieden und Freiheit demonstrieren, das hat man schon hinter sich dafür sind ist man zu alt. Ja, die Party- und Demozeit ist eben schon vorbei. Ich weiß auch noch nicht, ob ich dann bei der nächsten Spassveranstaltung, die ich natürlich nur deswegen besuche, weil ich halt sonst nichts mit meiner Zeit anzufangen weiß, noch mal Aufnahmen mache, sei es Bild oder Ton. Denn was ist mit der Stimme des Redners, auf die hat er doch bestimmt auch ein Recht, die ist wiederzuerkennen. Dann noch die Rede selbst, vielleicht gibts da ein Urheberrecht. Und dann die Bilder, welche soll ich da nehmen... Für die herausgeschnittenen Stellen hatte ich einfach welche genommen, die so im Internet kursieren. Verstößt eigentlich auch gegen das Urheberrecht. Einfach nur schwarz vielleicht mit Titeln - auch irgendwie langweilig. Oder ich mal sie selber. Kann dauern. Bis nächstes Jahr so. Vielleicht.

Eigentlich wollte ich ja nur bezwecken, dass die Kundgebung, die sich gegen die zunehmende Militärisierung unserer Gesellschaft aussprach, gegen das Marsch Blasen einer Institution, die ursprünglich als Instrument für die Verteidigung unserer Freiheit gedacht war, und die sich jetzt an Angriffskriegen beteiligt, und die sich vielleicht demnächst auch gegen uns, die wir diese Institution finanzieren, richten wird, nicht einfach so unter den Tisch der öffentlichen Medien fällt, und wenn's keiner bringen will, dann bringe ich es halt, so dachte ich mir.

Aber was soll's. Die Kundgebung war sowieso beschämend schlecht besucht. Ich habe auch nicht unendlich viel Zeit um nachzufragen, wer da die Rede gehalten hat, und ob ich die Tonspur veröffentlichen darf, mit den und den Bildern, und Hilfe hat mir von den ehemaligen Revolluzzern, die sich jetzt "raushalten", weil die Revoluzzerei einfach keinen Spaß mehr macht, und man "aus dem Alter raus" ist, auch keiner.

Schuster bleib bei denen Leisten, und schreibe weiterhin an Blogs, die sowieso kaum jemand liest. Nebenbei schaffe dir ein paar Programme drauf, mit denen du dir deine Bilder selbst erstellst, und deine Reden schreib gefälligst auch selber, dann kannst du dich aufnehmen und deine eigene Tonspur mit deinen eigenen Bildern, passendem Soundtrack dann raufladen (falls es dann auch nur annähernd noch sowas wie wenigstens ein Pro-Forma-Recht-auf-freie-Meinungsäußerung geben sollte).

Beschämt begebe ich mich heute auf mein YouTube-Konto und lösche das Video.

2 Kommentare:

Harald hat gesagt…

Also ganz so problematisch ist das doch nicht, mit dem Recht am eigenen Bild. Denn dieses Recht ist teilweise eingeschränkt.
Einen sehr guten Aufsatz dazu findet man unter: http://user.cs.tu-berlin.de/~uzadow/recht/raebild.html

persiana-451 hat gesagt…

Aha, Vielen Dank!